Aufstockung Kontorhaus
Leipzig
- Standort
- Holbeinstraße 29, 04229 Leipzig
- Bauherr
- privat
- Fotografie
- Roland Halbe
- Realisierungszeitraum
- 2015 - 2017
- Leistungen
- Lph 2 - 8
- Gesamtkosten brutto
- 1,5 Mio Euro
- Nutzfläche
- 1.250 m2
- Bruttogeschossfläche
- 1.700 m2
- Auszeichnungen
- Architekturpreis der Stadt Leipzig 2017, Architekturpreis des BDA Sachsen 2019 - Anerkennung
- Veröffentlichungen
- Baukultur 05/18, architektum 03/19, CUBE 01/20, db deutsche bauzeitung 04/20, bauhandwerk 03/21
Mit Freude sanieren - Ein Handbuch zur Umbaukultur Bundesstiftung Baukultur 2021, Lambrette: Architekturführer BDA Sachsen 2011-2021 DOM publishers 2022, Bauen im Bestand. Zwischen Tradition und Innovation. Edition 1:100 Deutscher Architektur Verlag 2022
Das ehemalige Arbeiter- und Industrieviertel Schleußig im Leipziger Westen ist heute ein attraktives Wohnquartier. Gründerzeitliche Fabriken am Karl-Heine-Kanal wurden zu Lofts umgenutzt, die Arbeiterwohnungen saniert und durch kleinteiliges Gewerbe belebt. Auch das Kontorhaus der Celluloid-Fabrik von Mey und Edlich in der Holbeinstraße konnte mit seiner Sanierung und Aufstockung einer neuen Nutzung zugeführt werden.
Auf der Suche nach einem Bürostandort mit arbeitsnahen Wohnmöglichkeiten durfte das Planungsbüro Knoche Architektur hier seine Vision der eigenen Räumlichkeiten verwirklichen. Dabei wurde der behutsam sanierte Bestand in zwei Büroetagen mit offener Struktur verwandelt. Der massive Aufbau des Wohngeschosses setzt die Gebäudekubatur des Industriebaus fort, mit seiner Fassade aus warmgrauem Kammputz bleibt die neue Struktur jedoch klar ablesbar. Die teils großflächigen Fensteröffnungen in der Aufstockung nehmen immer wieder Bezug auf die Fensterachsen im Bestand. Auch die Putzstruktur interpretiert auf zeitgemäße Art und Weise den Detailreichtum des stark horizontal gegliederten Klinkerbaus. Auf dem schmalen Grat zwischen Verbindung und Kontrast entstand so ein schlüssiges Gesamterscheinungsbild, das die Präsenz des Industriedenkmals im Stadtraum stärkt. Nach Ergänzung des zusätzlichen Geschosses präsentiert sich der Eckbau nun selbstbewusst mit der Traufhöhe der umgebenden Blockrandstruktur.
Auch im Inneren bilden Neu und Alt in Symbiose einen gestalterischen Mehrwert. Der Eingriff in die Substanz wird gleich bei Betreten des Gebäudes ablesbar: Hier steht die gefaltete Stahlstruktur der neuen Fluchttreppe in respektvollem Abstand zu den Bestandswänden als fast quadratische Skulptur im Treppenraum. Der graue Innenputz bleibt rau und macht den unbehandelten Charakter des ehemaligen Gewerbebaus spürbar. Auch auf den Büroetagen bleibt der industrielle Charme des Gebäudes sichtbar. Die neuen Holzfenster entsprechen in Teilung und Farbigkeit denen des Originals. Auch konnten die freistehenden Stahlstützen erhalten bleiben. Die Auflast des neuen Geschosses aus Mauerwerk und Ziegelmontagedecken wird direkt in die tragenden Außenwände eingeleitet und nutzt die vorhandenen Lastreserven der vormals industriellen Nutzung.
Im neuen Dachgeschoss ergänzen zwei Mietwohnungen das räumliche Angebot. Dabei musste aufgrund des außermittig gelegenen Treppenraums eine der Einheiten über die gesamte Gebäudelänge erschlossen werden. Dank ihres unkonventionellen Zuschnitts entwickelt sie besondere räumliche Qualitäten. Ein schmaler Erschließungsflur mit rhythmischem Tageslichtwechsels leitet in die Tiefe der Wohnung, um schließlich spannungsvoll in einen großen Gemeinschaftsraum zu münden. Begleitet wird diese inszenierte Bewegung von einem Einbaumöbel aus Eichenholzfurnier, das sich im Verlauf der räumlichen Abfolge in Form und Funktion wandelt. Von der raumhohen Schrankwand im Eingangsbereich und Verkleidung der Sanitärkerne wird es zur Einbauküche, um zu guter Letzt als Brüstungsmöbel den Allraum der Gemeinschaftsbereiche zu umschließen. Küche und Essbereich orientieren sich zum zentral eingeschnittenen Patio, der bei gutem Wetter den Wohnraum erweitert. Großflächige Festverglasungen rahmen den Blick in den Straßenraum. Über den Bezug nach Außen entsteht so konsequent der Eindruck räumlicher Großzügigkeit. Die privateren Schlafbereiche befinden sich als abseits dieser Raumfolge als kompakte Spange an der Südostseite des Gebäudes.